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 Tag der  Psychologie der BDP Landesgruppe Bayern
 Die Landesgruppe Bayern bot am  13. Juli 2019 vielfältige berufsrelevante Informationen aus verschiedenen  fachpsychologischen Bereichen zum Thema Sport zwischen Förderung und Überforderung.  Zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten auch beim diesjährigen  traditionellen Tag der Psychologie im internationalen Begegnungszentrum in  München interessante und neue, vielleicht auch überraschende, Einblicke in  Forschung und Praxis der Sportpsychologie bei fünf Vorträgen gewinnen. Die  Möglichkeit zur Diskussion mit den ReferentenInnen wurde rege genutzt und in  den Pausen konnten interessante Fachgespräche geführt oder persönliche Kontakte  geknüpft und vertieft werden. 
  Einleitend gab Herr Prof. Dr.  Beckmann vom Lehrstuhl für Sportpsychologie der TUM einen allgemeinen Überblick  über das Fach. Die Sportpsychologie bezieht als Anwendungsfach ihre Expertise  aus dem Trias von Sportwissenschaft, Sportpraxis und den psychologischen  Grundlagenfächern. Praktisch jeder Mensch betreibt in irgendeiner Form Sport  und verfügt daher zumindest über Alltagstheorien. Daher ist eine klare  Definition und Abgrenzung des Faches und der Aufgaben von Sportpsychologen und -psychologinnen  gegenüber anderen Stakeholdern nicht unproblematisch. So betonte der Referent,  dass die sportpsychologische Berufsausübung nicht mit dem Begrifflichkeiten von  sogenannten „Mentaltrainern“ und einem „Guru-Image“ in der öffentlichen  Wahrnehmung vermengt werden dürfe. Der Imagefilm „Sportpsychologie“ von Jürgen  Walter wurde hierzu als Best-Practice Beispiel für eine objektive  Außendarstellung der Psychologie in kurzen Ausschnitten im Auditorium  vorgeführt.  
  Mit dem Vortrag des  Eisschnellläufers, Moritz Geisreiter, zum Thema „Erfolge durch Sportpsychologie“  konnte das Publikum auch die Perspektive eines Leistungssportlers reflektieren.  Moritz Geisreiter berichtete über seine sportliche Laufbahn und die damit  verbundenen psychologischen Methoden und Interventionen, über die er aufgrund  seines Studiums der Wirtschaftspsychologie auch aus eigener Expertise  referieren konnte. Insbesondere stellte er mit dem „Fokussieren auf das  Positive“ die Bedeutung von Selbstreflektion und Emotionsregulation dar. So  empfahl er als sportpsychologisches Grundlagentraining u. a. Atemübungen und  progressive Muskelentspannung. Darauf aufbauend können Fertigkeiten methodisch  z. B. durch Zielsetzung, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen oder  Vorstellungsregulation trainiert werden. Schließlich ging Geisreiter auch auf  persönliche Krisen von Karrieren im Leistungssport ein, wie sie beispielsweise  verletzungsbedingt ausgelöst werden können. Hier sind die Psychologen dann mit  der geeigneten Auswahl von Maßnahmen für die Krisenintervention gefordert, um  Rehabilitation nach Verletzungen, Misserfolgsverarbeitung oder auch Konflikte  in der Mannschaft bewältigen zu helfen. Abschließend wies der Referent auch auf  seine Erfahrungen mit dem rechtzeitigen Planen des Karriereendes hin. Moritz  Geisreiter ist heute als Karrierberater u. a. auch für Sportler tätig. 
  Weiter ging es dann mit Autor des  Buches „Emotionale Intelligenz im Sport“. Dr. Sylvain Laborde, der aus der  Normandie stammt, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Deutschen  Sporthochschule in Köln. Er erläuterte zunächst das Konstrukt der emotionalen  Intelligenz (EI) anhand der fünf Kompetenzen, Identifikation, Ausdruck,  Verständnis, Regulation und Nutzen. Die drei Stufen des „tripartite model of  EI“ Kenntnisse, Fähigkeiten und Gewohnheiten sind nicht notwendigerweise  verbunden. So kann jemand zwar eine Strategie zur Regulation von Ärger kennen,  aber deswegen noch lange nicht die Fähigkeit besitzen diese auch anzuwenden.  Selbst wenn die Person dann über diese Fähigkeit verfügen sollte, so ist damit  aber noch nicht gewährleistet, dass die Motivlage zur Anwendung entsprechend  ausgeprägt wird. Erst wenn diese drei Hürden genommen und diese drei  Modellkomponenten zusammenwirken, kann EI als Erfolgsfaktor operationalisiert  werden. Weiter stellte der Referent verschiedene Fragebögen und Methoden zur  Messung von EI sowie seine aktuellen Forschungsarbeiten vor. 
  Die Psychologin, M. Sc., Jana  Krammer leitete mit der Vorstellung der Ergebnisse ihrer Masterarbeit auf das  Gebiet der Psychotherapie über. Frau Krammer präsentierte dem interessierten  Fachpublikum ihre aktuellen Forschungsergebnisse zum Thema Sport- und  Bewegungstherapie als Ergänzung zur Psychotherapie.  
  Zwar zeigen viele Studien einen  positiven Nutzen von Sport und Bewegung auf das psychische und physische  Wohlbefinden, jedoch finden sich Forschungslücken darüber, welche Effekte und  Mechanismen hier wirken. Zudem kann Sport medikamentöse und psychiatrische  Therapien ergänzen. Auch lenken Bewegung und soziale Interaktion bei  sportlicher Aktivität von psychischen Problemen ab. Letztlich beeinflussen  physische Veränderungen kognitive und emotionale Prozesse. Beispielsweise führt  Ausdauertraining nach aktuellen Forschungsergebnissen zu einer verbesserten  Depressions-Symptomatik im Vergleich zu Entspannungsübungen. 
Im Rahmen des Projekts Movi Kune  - gemeinsam bewegen, einem Sport- und Bewegungsprogramms der Abteilung  Sportpsychologie der Universität Wien in Zusammenarbeit mit dem Zentrum HEMAYAT  - Betreuungszentrum für Kriegs- und Folterüberlebende wurden zwei Fragestellungen  erforscht. 
  - Die psychischen, physischen und sozialen  Ressourcen der TeilnehmerInnen zu bewahren, zu regenerieren und zu fördern
 
  - Die Exploration der therapeutischen Effekte,  Mechanismen und Prozesse, die im Rahmen des Sport- und Bewegungsprogramms  wirken
 
 
Alle TeilnehmerInnen, die aus  Krisen- oder Kriegsgebieten stammten, hatten Beschwerden wie Depression, PTBS,  Angst- und Schlafstörungen, körperliche Schmerzen und Phantomschmerzen,  Koordinationsschwierigkeiten und Bewegungsbeschränkungen. Alle TeilnehmerInnen  mit traumatischen Erfahrungen wurden psychotherapeutisch bei HEMAZAT betreut. 
  Das durchgeführte drei monatige Trainingsprogramm  fokussierte auf physische und psychische Aspekte wie Koordination,  Selbstwahrnehmung oder Entspannung und Loslassen. Die wissenschaftliche  Dokumentation und Begleitung erfolgte anhand von Erst- und Nachgesprächen sowie  mittels Forschungstagebüchern.  
  Aufgrund einer unerwarteten  Entwicklungsverlaufs eines Teilnehmers mit Diagnose PTBS, Depression und  Suizidrisikos beim Basketballspiel, wobei dieser unerwartet konzentriert und  voll Freude erschien, kam ein Forschungsinteresse am Thema Flow auf. 
  Anhand einer retrospektiven  Analyse über drei Jahre der Forschungstagebücher auf Schilderungen, die auf  mögliche Flow-Erlebnisse hindeuten, wurden tatsächlich viele solcher Elemente  entdeckt. 
  Daraus wurden folgende  Fragestellungen entwickelt: 
  - Können stark traumatisierte Personen in einen  Zustand des Flows kommen?
 
  - Welche Faktoren sind dabei hinderlich und welche  förderlich?
 
  - Welche therapeutische Bedeutung kann eine  Flow-Erfahrung haben?
 
 
Flow-Erleben ist dadurch geprägt,  dass die Zielrichtung einer Aufgabe eindeutig fest liegt und die Tätigkeit der  ausführenden Person eine unmittelbare Rückmeldung über den Verlauf vermittelt. Diese  Voraussetzungen konnten durch sportpsychologische Interventionen wie  Team-Spiele, Improvisationsaufgaben oder Tanz angenommen werden. Unabdingbar  Voraussetzung für die Versuchsgruppe war jedoch ein Sicherheitsgefühl und das  Gefühl der Kontrolle der Situation. Gerade die Planung von Sporteinheiten für  Kriegs- und Folterüberlebende stellte hohe Anforderungen an die Vermeidung  negativer Aspekte der Umgebung wie Lärm und Beobachtbarkeit genauso wie an die  Aufgabencharakteristik sowie die jeweilige momentane gesundheitliche und  emotionale Verfassung der TeilnehmerInnen. 
  Die Studienergebnisse konnten tatsächlich  zeigen, dass es auch für extrem traumatisierte Personen möglich war, in einen  Flow-Zustand zu kommen. Eine vollständige Konzentration auf eine sportliche  Tätigkeit, unter Annahme einer zeitweisen Verdrängung von Ängsten und Sorgen,  kann verglichen werden mit der Verdrängung des in der Vergangen erlebten  Gefühls der Machtlosigkeit durch ein Wahrnehmen einer Situation die völlig  unter Kontrolle ist. Für Kriegs- und Folterüberlebende hat ein Flow-Erleben  daher zumindest für den Moment einen wichtigen therapeutischen Einfluss. Dieser  förderliche Einfluss von Flow zeigt sich durch erlebte Freude, Ablenkung von  Gedanken, Erfahrungen von Kontrolle und Erfolg und dem Leben im „Hier und  Jetzt“ 
  Der zusätzliche therapeutische  Nutzen des Sportprogramms wurde in einer höheren Selbstwirksamkeitserwartung  und einem gesteigerten Kohärenzgefühl benannt. 
  Den Abschluss der Veranstaltung  bildete der sehr praxisnahe Vortrag des Dipl. Sportpsychologen Herrn Jürgen  Walter zum Thema Verbesserung der mentalen Stärke. Was leistet hier die  Sportpsychologie? Warum klappt es im Training und nicht im Wettkampf? „Mental  stark“ bedeutet aus sportpsychologischer Sicht, dass das was im Training  möglich ist, auch dann abgerufen werden kann, wenn es darauf ankommt. Hierzu  führte Walter weiter aus, dass dann gerade Leistungsdruck hier kontraproduktiv wirke.  Als Leitgedanke führte er hier das Zitat des griechischen Philosophen Epiktet  an, „Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die  wir von den Dingen haben. In lockerer Vortragsweise führte der Praktiker mit  seinen kognitiven Betrachtungen, die er in amüsanter und kurzweiliger Art durch  zahlreiche Beispiele aus den verschiedenen Disziplinen wie Fußball, Handball  oder Tischtennis illustrierte, durch seine Erfahrungswelt und gab lehrreiche  Einblicke in die Sportpsychologie im Feld. 
  
 Von rechts, Jürgen Walter, Prof. Dr. Jürgen  Beckmann, Jana Krammer, Dr. Sylvain Laborde und Moritz Geisreiter 
Beim anschließenden Kaffee und Kuchen hatten die  Besucher des diesjährigen Tags der Psychologie nochmal Gelegenheit zum  fachlichen und persönlichen Austausch, sich am Büchertisch über Literatur zum  Thema Sportpsychologie zu orientieren und die gelungene Veranstaltung entspannt  ausklingen zu lassen.  
Winfried Pollmann 
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